Der Weihnachtsbaum

‚Was soll ich denn hier schon wieder?‘ dachte der kleine Weihnachtsbaum, als er mitsamt seinem Topf im Wohnzimmer der Familie aufgestellt wurde. Die Familienmitglieder kannte er schon. Das waren eine Frau, ein Mann und ein Junge. Die Namen waren dem Weihnachtsbaum entfallen. ‚Es gibt doch noch andere Bäume. Warum muss ich denn immer in das Zimmer. Es ist so warm hier. Da verliere ich ja noch alle Nadeln. Ich wäre viel lieber draußen im Garten bei meinen Freunden. Da ist es auch viel kühler,‘ schimpfte der Weihnachtsbaum.

Alle drei Menschen standen vor ihm und bewunderten ihren schönen Baum. Die Mutter des Jungen sagte plötzlich: „Ach ist das ein schöner Baum. Den haben wir jetzt schon das dritte Jahr. Er ist so schön gewachsen.“ Als das Bäumchen das hörte, wurde es etwas versöhnlicher und freute sich darüber, dass die Menschen ihn so schön fanden. ‚Aber wenn ich hier wieder länger in der Wärme stehen muss und meine Nadeln verliere, bin ich nicht mehr so schön. Und meine Freunde lachen mich aus. Aber die Mama gießt und düngt mich immer. Das schmeckt mir. Vielleicht verliere ich dann nur wenig Nadeln.‘

Das Kind fragte: „Mama, warum haben wir im Winter immer einen Weihnachtsbaum?“
„Das ist eine Tradition, Johannes. Wir stellen jedes Jahr vor Weihnachten einen Baum auf.“
„Versteh ich nich!“ antwortete Johannes. „Was ist denn Tradition und warum ein Weihnachtsbaum?“ Die Mutter des kleinen Johannes sah förmlich alle möglichen Fragezeichen auf der Stirn ihres Kindes. ‚Aha‘ dachte das Bäumchen, ‚Johannes heißt der Kleine. Ich bin auch gespannt, wie die Mama das erklärt. Vielleicht lerne ich auch noch was‘.
„Mmh … tja … das sind ja schon zwei Fragen. Wollen doch mal sehen, ob ich dir das erklären kann,“ antwortete die Mutter. „Also, setzen wir uns mal hin. Eine Tradition ist eine Verhaltensweise, die in einer Gemeinschaft entwickelt wurde und von Generation zu Generation weitergegeben wird. Verstehst du das?“
„Nee,“ antwortete Johannes.

„Na ja das war die Kurzfassung. Walter, komm doch mal bitte und hilf mir?“
„Ich hab jetzt keine Zeit Inge,“ rief Walter aus seinem Büro, der keine Lust hatte nach Erklärungen zu suchen.

„Na schön,“ sagte Inge. „Ich versuch es anders: Seit Menschengedenken gibt es Traditionen innerhalb von Familien oder Gruppen von Menschen, die zusammengehören. Zum Beispiel, du Johannes bist auch in einer Gruppe von kleinen Menschen, nämlich in der Schule in der ersten Klasse. Es gibt unzählig viele zusammengehörige Gruppen von Menschen. Viele Traditionen haben religiöse Wurzeln. Es gibt aber auch Traditionen die in sozialen Bereichen gewachsen sind. Gemeinsam haben sie aber alle, dass sie zwischen den Mitgliedern den Zusammenhalt und damit die Verlässlichkeit und Beständigkeit stärken. Wenn in Familien Bräuche und Traditionen fortgeführt und gelebt werden, ist das sehr wichtig für unser familiäres Zusammenleben. Das kann den Zusammenhalt über Generationen hinweg fördern.“ Erklärte die Mutter des kleinen Johannes, der eifrig nickte.

„Der Weihnachtsbaum,“ fuhr die Mutter fort, „oder Christbaum ist in der christlichen Geschichte ein Symbol der feierlichen Ankündigung der Geburt von Jesus Christus. Die Beleuchtung am Christbaum zeigt das helle Licht, das zu Weihnachten vom Himmel auf die Erde scheint. Interessant ist aber, dass der Weihnachtsbaum gar keine christliche Erfindung ist. Die Christen nahmen aber den ursprünglich heidnischen Brauch in ihre religiöse Symbolik auf. Im Gegensatz zu anderem Immergrün, stehen die Fichte oder die Tanne für ewiges Leben, Ausdauer und Überleben. Ist es dir jetzt etwas klarer geworden, Johannes?“

„Ja Mama und …“
„Bevor du weiter fragst, was Symbolik und Immergrün ist, erzähle ich dir das ein anderes Mal. Jetzt habe ich auch keine Zeit mehr. Im muss los zum Einkaufen. Kommst du mit?“
Johannes war begeistert und ging sehr gerne mit zum Einkaufen.

Der Weihnachtsbaum hingegen war sehr stolz auf sich und freute sich sehr, dass er als Christbaum von der Familie auserkoren wurde und mit seiner ganzen Schönheit das Wohnzimmer bereicherte. Für so einen wichtigen Grund, die Ankündigung der Geburt von Jesus Christus, stand er gerne eine Weile in dem warmen Zimmer. Er freute sich aber auch wieder auf die Zeit danach, wenn er wieder nach draußen durfte zu seinen Freunden. Dann ging es auch wieder ab in die Baumschule. Dort hatte er viel zu erzählen.

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