Ein ganz normaler Tag in Lacanau-Océan, einem Ortsteil von Lacanau an der französischen Atlantikküste. Es war ein wunderschöner Sommertag. Meine Familie und ich verbrachten unsere Ferien inmitten eines herrlich duftenden Kiefernwaldes auf einem Campingplatz. Die hohen Dünen auf dem Weg zum Strand am Atlantik waren ein Traum. Wer hier in dieser holprigen Gegend nicht gefunden werden wollte, der wurde nicht gefunden. Das war hin und wieder ein schönes Katz- und Mausspiel mit unseren Kindern als sie noch klein waren.
Inzwischen sind unsere Töchter erwachsen, fuhren aber nochmal sehr gerne mit uns nach Südfrankreich. Eines Tages waren wir unterwegs zum Strand als uns plötzlich ein Sturm überraschte. Das hatte zur Folge, dass der Sand in den Dünen extrem hochgewirbelt wurde. Ich glaube, ich brauche nicht erwähnen, wie schmerzhaft Sand bei Sturm auf der Haut ist. Wir hatten uns entschlossen umzukehren und besser einen Spieletag in unserem Wohnwagen zu verbringen. Aber einen ganzen Tag spielen? Das war dann auch zu viel. Außerdem stellte sich ein seltsames Gefühl in der Magengegend ein, dass man durchaus als Hunger bezeichnen könnte.
Also entschlossen wir uns in den Ort zu fahren in dem die Promenade bei schönem Wetter zum Flanieren einlädt. Aufgrund des heftigen Sturmes entschlossen wir uns durch die kleine, sehr schöne Einkaufspassage mit etlichen Boutiquen zu schlendern und anschließend in dem netten Restaurant Vers Marie zu schlemmen. Das Essen war bisher immer hervorragend und die korrespondierenden Weine zu den jeweiligen Menüs passten ausgezeichnet. Nach unserem Bummel im Schutz der Ladenstraße gingen wir also ins Vers Marie, das am Rande der Passage lag, direkt in Richtung Promenade.
Die Stimmung war bei unserem Eintreten schon etwas merkwürdig. Es war mucksmäuschenstill. Normalerweise werden die Gäste vom Servicepersonal an einen freien Tisch geleitet, dieses Mal aber nicht! Wir warteten, es kam niemand, also suchten wir uns einen freien Tisch und nahmen Platz. Dann sahen wir sie und erstarrten! Drei maskierte Gestalten mit Maschinenpistolen im Anschlag. Ich dachte ich bin im falschen Film. Nun wunderten wir uns nicht mehr, warum es hier so ruhig war. Wo das Restaurantpersonal zu diesem Zeitpunkt war wussten wir nicht.
Wir hatten kein einziges uns bekanntes Gesicht gesehen. Was ich seltsam fand, dass die Eingangstür nicht abgeschlossen war oder dass zumindest kein Schild fermé (geschlossen) sichtbar an der Tür hing. Jedenfalls war uns der Appetit gehörig vergangen. Hatte ich eigentlich schon erwähnt, dass wir unseren Hund Wulf mitgenommen hatten? Er durfte uns im Urlaub immer begleiten. Normalerweise bekommt Wulf dort zuerst etwas zu trinken, bevor die Gäste überhaupt die Speisekarte bekommen. Das durften wir in Frankreich schon öfter erleben, dass zuerst unser treuer Begleiter bedient wurde. Wulf ist von mittlerer Statur, sehr kräftig und gutmütig. Ein wahrer Menschenfreund. Aber nicht an diesem Tag …
Wulf saß unter dem Tisch und fiel bisher noch nicht auf. Er fing plötzlich an ganz tief zu knurren. Einer der netten Herren mit der schwarzen Maske schrie meinen Mann an: „Hör auf zu knurren!“ Ich hätte fast gelacht. Dann war es auch schon passiert. Wulfs Beschützerinstinkt machte sich bemerkbar und er war blitzschnell aus seinem Versteck unter dem Tisch gerast und hat sich in der Wade des linken Beines des Maskierten festgebissen. Er hat ihn nicht mehr losgelassen. Der Gauner schrie auf und hat vor lauter Schreck und Schmerz seine Waffe fallen lassen.
Die anderen beiden kamen um die Ecke geflitzt, um zu sehen, was los war. In dem Moment sind unsere Töchter blitzschnell von ihren Stühlen aufgesprungen und haben jede einen der Geiselnehmer mit einem Handkantenschlag entwaffnet und anschließend jeweils ihren Gegner nach allen Regeln der Kunst aufs Kreuz gelegt. Beide hatten alle Mühle Luft zu bekommen und alle Drei wussten zunächst nicht, wie ihnen geschah. Mein Mann hatte zwischenzeitlich schon die Polizei alarmiert. Erwähnenswert ist vielleicht noch, dass unsere Töchter seit ihrer Kindheit eine Kampfsportart lernen und diesen Sport bis heute ausüben und trainieren. Inzwischen nehmen sie an Wettkämpfen teil und haben beide den schwarzen Gürtel. Die Polizei kam sehr schnell und nahm die drei Gestalten mit. Befreiten das Personal, das die Gauner in die Küche eingeschlossen hatten.
Ich muss nicht erwähnen, dass unser Hund mit einem großen Knochen und Wasser belohnt wurde. Unser Essen ging natürlich aufs Haus. Das Personal des Restaurants und alle Gäste kamen zum Glück mit dem Schrecken davon. Nur der Gauner mit der angebissenen Wade musste in eine Klinik eingeliefert werden. Warum diese drei Kreaturen den Überfall verübt hatten, wissen wir nicht. Das war für uns auch völlig uninteressant. Alle waren nur froh befreit zu sein. Bei den Vernehmungen wird die Polizei das Motiv schon herausgefunden haben.